Da Bascht - Eine Saalbacher Legende

Der Bartl Gensbichler, eigentlich Barthlmae und auf gut Pinzgauerisch nur „da Bascht“, war immer schon ein Kind der Berge. 

Einfach ging´s zu, damals.

Schon als er noch ein kleines Biawei* (alle mit * markierten Wörter erklären wir dir am Ende dieses Artikels) war. Am Perfeldhof, im Schatten des Zwölferkogels. Eine Menge Kinder gab es da. Und eine Leitn* hinter dem Haus. „Den sind wir schon mit drei, vier Jahren runtergerutscht“, erinnert sich der Bascht. Die Skier von damals? Mehr oder weniger Hoizbrettln*. Gut, Kanten waren auf der Unterseite schon draufgeschraubt. Und eine Riemenbindung auf der Oberseite. Der Belag? „Roter Lack. Wenn der abgeplattelt* ist, haben wir einfach wieder drübergemalt“, erzählt der Bartl. Einfach ging´s zu, damals. Hohe Schalenskischuhe, Funktionsunterwäsch´, atmungsaktive Skijacke mit eigener iPhone-Tasche. Gab´s alles nicht. Dafür jede Menge Spaß. Und jede Menge Risikobereitschaft, im unbekannten Terrain herumzuwüdern*. Kein Hang zu steil, kein Schneeridl* zu hoch. „Die Oma hat uns immer wieder den Berg hinaufgetragen, als wir noch ganz klein waren“, schwelgt der Bartl in Erinnerungen. Geradezu ein Luxus. Einsitzerlift, Antrieb 1 FS (Frauenstärke) sozusagen. Aber wehe, wenn Bartl und seine Cousins und Cousinen aufgrund aufkeimender Neugier zu weit die Leitn* hinunterrutschten. Da war die Großmama streng. Bestrafte jeden Ausreißversuch mit einer reschen Watschn*. Aber wer ein echter Wüdera* ist, der sudat* nicht. Daher dauerte es nicht lange. Da trieb der Übermut die Gschroppn* vom Perfeldhof bis hinunter zur Talstation der Zwölferkogelbahn. Nächste Abreibung vorprogrammiert. Die Mama saß nämlich blöderweise an der Liftkassa. Auch diese Hürde wurde souverän genommen, unbemerkt gelangten die kleinen Pimpf* in den Zwölferkogellift und los ging´s Richtung Gipfel. Nächste Abreibung vorprogrammiert. In der Bergstation werkte nämlich der Onkel als Liftler*.

Eine Kindheit wie aus dem Heimatroman. Im Winter jeden Tag die Schultasche ins Eck gfetzt* und raus auf die Piste. Den Wüdera-Trieb im Schnee ausleben. „Den ersten Feinschliff hat uns der Schuldirektor Hannes Margreiter verpasst. Skifahren hatte damals einen enormen Stellenwert“, versucht Gensbichler als Präsident des Salzburger Landesskiverbandes gerade diesen Stellenwert wieder an die Jungen zu vermitteln. Sein eigenes Talent wurde allseits im Ort erkannt und auch gefördert. Skischulleiter Heri Wolf half mit Stangln* aus, die ersten Trainer Franz Feiersinger und Hans Hinterholzer brachten den Bartl auf Rennkurs. Damals schon an seiner Seite: der Hansi Enn. Zwei Jahre jünger, noch ein kleinerer Zwerg, aber ebenfalls ein Riesentalent. Und ein wüda Hund* wie der Bascht. „Das musste man damals wirklich sein. Allein wenn man an die Pistenpräparierung denkt. Mit einer hohen Startnummer verschwanden wir fast in den Wandln*, die gingen manchmal bis zu den Ohrwaschln*, vor allem, wenn der Schnee batzig* war“, erzählt der Wüdera* von anno dazumal. Der sein Debüt als 9-Jähriger feierte. In Neukirchen. Schülerklasse I. Mit der letzten Startnummer auf Rang zwei gedüst. Wandln*, eh klar. Augen zu und durch. Ein wüda Hund eben. Aufstieg in den Landeskader, mit 15 österreichischer Jugendmeister in der Abfahrt. 1974 Junioren-Europameister in der Abfahrt. Platz zwei im Riesentorlauf. Um neun Hundertstel hinter einem gewissen Ingemar Stenmark. Gleicher Jahrgang wie der Bascht. Das schmerzt heute noch ein bisserl. Noch dazu, wo der Schwede nur wenige Tage später seinen legendären Siegeszug bei den „Großen“, im Weltcup, startete. 86 Siege sammelte der Schweiger aus dem hohen Norden. So einen hätte man als Wüdera* natürlich gern einmal erlegt. Verflixte neun Hundertstel. Aber auch den verwegensten Wüdera* erwischt es irgendwann. Schwere Bänderverletzungen stoppen den Jagdtrieb nach Erfolgen immer wieder. Aufstehen, weitermachen, zurückkämpfen. Als Belohnung der Weltcupsieg in Heavenly Valley. Abfahrt. Anno ´77. Letztes Jahrhundert. Unter Trainerlegende Charly Kahr, der den Bartl auf die Speedstrecke holte. Die Olympiaabfahrt im Visier, der nächste Rückschlag. Knie kaputt. Da hilft auch die beste Soim* nix. „Dabei wär das mein Rennen gewesen. Technisch anspruchsvoll, schnell“, analysiert Gensbichler aus dem Hier und Jetzt. Ein bisschen eiwendig*. Den goldenen Lorbeerkranz vor Augen. Stattdessen Karriereende.

Start ins nächste Leben. Skischulbesitzer, Gründer der berühmt-berüchtigten Skilehrermusi, die für Auftritte bis nach China reiste. Seit vier Jahren Boss des Salzburger Skiverbandes. Auf der Suche nach weiteren Wüderern* aus den Salzburger Bergen.Einen verfolgt er seit Jahren mit präzisem Blick. Der kommt nämlich aus dem selben Tal. Und ist derselbe wüde Hund, der der Bascht auch einmal war: Georg Streitberger. Junioren-Europameister. Weitere Parallelen inklusive. „Der Schorschi war von Anfang an ein Bombenskifahrer, hatte wie ich viel Pech mit Verletzungen. Aber er ist ein Stehaufmanderl*. Ich würd ihm wünschen, dass ihm endlich mal was aufgeht*“, sagt der Bartl über seinen Nachfolger. Die 2 tollen Speedrennen im vergangenen Februar waren erst der Anfang. Für Österreich ist Saalbach der Bewerber für die FIS Alpine Ski WM 2021 oder 2023." schildert der Skipräsident. Der jetzt schon mit der Zunge schnalzt bei dem Gedanken, dass in der Faschingswoche eine ganze Horde hochkarätiger Wüdera ins Tal kommt.

 

  • Wüdera: Wilderer, jemand der ohne Jagdlizenz in fremden Revieren jagt. Umgangssprachlich auch für jemanden, der keine Grenzen akzeptiert
  • Biawei: kleiner Bub, Junge
  • Leitn: Hang, Abhang, steile Wiese
  • Hoizbrettln: Holzbretter, auch synonym für die ersten Ski-Prototypen verwendet
  • abgeplattelt: sich in Blättchenform von der Oberfläche lösen
  • Schneeridl: Schneehaufen
  • resche Watschn: kräftige Ohrfeige
  • sudan: sich beschweren, meckern, jammern
  • Gschroppn: Kinder, etwas lieblos
  • Pimpf: klein geratene Kinder
  • Liftler: Mitarbeiter der Bergbahnen, vor allem im Winter mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet
  • gfetzt: in diesem Fall geworfen, geschmissen
  • Stangln: Slalomstangen für den Rennlauf
  • wüda Hund: siehe Wüdara
  • Wandln: Wannen, Gruben, die sich seitlich neben den Slalomstangen bildeten
  • Ohrwaschln: Ohren
  • batzig: weich, klebrig
  • Soim: Salbe, Heilmittel
  • eiwendig: wehmütig
  • Stehufmanderl: jemand, der immer wieder aufsteht und weitermacht
  • aufgehen: gelingen

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